Mehr Content direkt in deine Mailbox! Anmelden
image-262

Fahrtechnik-Training: Warum du „Learning by Doing“ als Lernmethode vergessen solltest

31.01.2023 - geschrieben von Roxy

„Everything is hard until it gets easy”. Dieses Zitat schafft es immer wieder, mich in schwierigen Situationen zu motivieren. Denn: Sobald man etwas gut kann, sieht es einfach aus. Das ist in allen Lebensbereichen der Fall, und so natürlich auch beim Biken. Wenn du siehst, wie jemand beispielsweise einen Bunny Hop ausführt, wirkt das sehr einfach, oder? Wie oft habe ich im Internet unter einem meiner Videos, in dem ich eine anspruchsvolle Schlüsselstelle fahre, abfällige Kommentare bekommen. „Alter, die Stelle würde meine Oma auf einem Einrad fahren!“ ist nur einer davon. Das passiert aber nicht, weil die Oma dieser Person eine Einradweltmeisterin oder diese Stelle tatsächlich so einfach ist, sondern, weil ALLES einfach aussieht, wenn jemand es ausführt, der hierfür die erforderlichen Techniken im Schlaf beherrscht. Und genau dieser „Flow“ – also der Bewegungsfluss – ist einer der Hauptgründe, weshalb sich Fahrtechniktraining für jeden Biker – wirklich jeden – lohnt.

Jeder Profisportler, der tatsächlich erfolgreich ist, egal in welcher Disziplin, hat einen Techniktrainer (oder externe Berater/Coaches) an seiner Seite – egal ob Tennis, Golf, Bahnrad oder BMX. Denn sobald Bewegungen flüssig sind, laufen sie unterbewusst ab. Unterbewusst bedeutet, dass man keine „Prozessorleistung“ mehr benötigt. Man braucht also deutlich weniger Kraft und ist dadurch natürlich nicht nur schneller, sondern auch kräfte- und ressourcenschonender unterwegs. Auch wenn du vielleicht kein Profisportler werden willst, heißt das Sparen an Ressourcen und Kraft für dich: Du kannst länger biken! In diesem Artikel möchte ich drei Tipps mit dir teilen, wie du deine Fahrtechnik verbessern kannst und welche Vorteile das für dich hat. Diese Vorteile wirst du sogar weit über das Radfahren hinaus spüren. Regelmäßig höre ich von Bikern, dass man kein Techniktraining benötigt, denn „Learning by Doing“ sei ja viel effektiver. Und genau das sind aber meistens auch jene Biker, die Dinge sagen wie „Stürzen gehört dazu!“. Stürzen muss aber nicht dazugehören! Wenn du dich weit über dein momentanes Level hinausentwickeln willst, musst du erst einmal bereit sein, deinem Ego Einhalt zu gebieten und dir einzugestehen, dass du nicht weißt, was du nicht weißt. Und – aus Erfahrung – ist das viel mehr, als deinem Ego gefallen wird. Bist du jedoch bereit, herauszufinden, was du nicht weißt (und diese Wissenslücken dann aufzufüllen), wirst du nicht nur weniger stürzen, sondern auch viel selbstbewusster schwierige Passagen befahren können!

1. Erlaube deinem Ego nicht, dich aufzuhalten

Ist dir schon einmal aufgefallen, dass man sich nur auf den ersten Paar Ausfahrten als „Anfänger“ bezeichnet, danach ein paar einfache Trails fährt und – schwupps! – auch auf den fortgeschrittenen Strecken unterwegs ist? Und dass sich jeder, der schon einige Jahre Rad fährt, als „fortgeschritten“ bezeichnet? Genau hier beginnt das Problem – denn es ist ein riesiger Unterschied, ob du einen mittelschweren Trail überlebst, oder du ihn zu jeder Zeit kontrolliert meisterst. Als Passagier seines Bikes ist jeder schnell einmal einen roten Trail gefahren. Jedoch als Pilot: nicht wirklich.

2753-image -

2. Akzeptiere, dass NIEMAND an einem Tag Bewegungen lernt

Die Flut an einfach wirkenden Skills im Internet verleitet oft dazu, zu denken, dass man diese im Handumdrehen lernen könnte und das weltweite Angebot an eintägigen Fahrtechnikkursen unterstützt diese Denkweise zusätzlich. Doch kein Mensch lernt Bewegungen in der Feinform an einem Tag. Das ist neurologisch und anatomisch schlicht und einfach unmöglich! Oder kennst du ein Kind, das an einem Tag gelernt hat, zu schreiben oder zu gehen? Bist du schon jemandem begegnet, der an einem Tag gelernt hat, ein Instrument zu spielen? Wahrscheinlich nicht. Die Kurzform: Der Körper und dein Gehirn brauchen Zeit sowie Wiederholung über einen langen Zeitraum, um die Muskulatur zu stärken, Koordination aufzubauen und die Verdrahtungen im Gehirn zu formen. Damit deine Muskeln und dein Gehirn jedoch wissen, was überhaupt das Ziel der Übung ist, müssen diese Wiederholungen strukturierte und gezielte Übungen sein, mit einem klaren Bewegungsziel. Wenn du also wirklich lernen willst, wie du schneller Kurven fährst, wie du technischer bergab fahren kannst oder Skills wie den Bunny Hop meistern möchtest, dann buche dir einen professionellen Trainer und sei realistisch in deiner Zielsetzung! Was dir das bringt? Das Durchhaltevermögen, das du beim Erlernen von Fahrtechnik entwickelst, wird dir bestimmt auch im Job und im Privatleben viel ermöglichen!

3. Sei mutig und stark!

Was ist einer der Hauptgründe, weshalb viele Menschen ihre Ziele nicht erreichen? Sie haben Angst, Fehler zu machen. Viele Leute, die sich vor Fehlern fürchten, beginnen deswegen auch gar nicht erst mit einer Sache. Denn wenn man etwas niemals versucht, kann man immer behaupten, dass es einem gelungen wäre, wenn man es getan hätte – und muss sich nicht eingestehen, dass man es verbockt hat. Bringt man jedoch den Mut mit, Fehler zu machen – und ergänz diesen Mut durch Stärke, wird man unaufhaltsam. Hast du Mut, Fehler zu begehen, und die Stärke, weiterzumachen, auch wenn es mal schwierig wird, wirst du Erfolg haben. Beständigkeit wird nämlich stets belohnt – vor allem wenn man beginnt zu sehen, dass Fehler dazu da sind, um aus ihnen zu lernen. Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass beim Erlernen von Bewegungen Fehler kein unerwünschter Nebeneffekt sind, sondern ein essenzieller Bestandteil der Bewegungserfahrung. Der Vorteil: Dein Gehirn lernt durch Fehler deutlich schneller als durch Erfolge – denn dies ist uns biologisch einprogrammiert. Schließlich wäre es dumm, wenn wir fünf Mal auf den heißen Herd greifen müssten, bevor wir merken, dass wir das besser lassen.

2752-image -

Betrachtest du Fehler also als Lernbeschleuniger und essenziellen Bestandteil deiner Übungssessions – und hast du einen professionellen Trainer an deiner Seite, der eine sichere Lernzone schafft, in der Fehler keine negativen Konsequenzen haben – dann kannst du deinen Erfolg quasi „biohacken“. Übrigens: Wenn Fehler negative Konsequenzen haben, befindest du dich in einer Leistungszone – und nicht in einer Lernzone. In einer Leistungszone lernt dein Gehirn aber nichts Neues, es arrangiert sich lediglich mit den Dingen, die es bereits kann. Eine gesunde Einstellung zu Fehlern wird dich weit über das Biken hinaus positiv beeinflussen und deinen Lernweg beschleunigen. Gezielt an deiner Fahrtechnik zu arbeiten, wird dir ermöglichen, Kraft zu sparen, wodurch wiederum der Spaßfaktor zunimmt. Eine sichere Technik wird dich außerdem dazu befähigen, dein Bike stets zu kontrollieren – wodurch das Verletzungsrisiko und auch eventuelle Ängste abnehmen. Und der Prozess der Verbesserung deines Könnens wird dich weit über das Radfahren hinaus weiterbringen. Worauf wartest du noch?

Fotos: Anne Hoffmann, Bernhard Havelka

author-avaÜber Roxy

Roxy ist gebürtige Nordzypriotin, Tochter einer deutschen Mutter und lebt seit 2009 in Spanien. Als professionelle Mountainbike- und Mentaltrainerin hat sie sich rund um den Globus einen Namen gemacht. Nicht nur für Top-Athleten ist sie eine wahre Bereicherung, auch du kannst zusammen mit Roxy an deiner Fahrtechnik feilen. Mehr dazu findest du auf ihrer Website. Schau auch gerne auf ihrem persönlichen Blog vorbei.