Das, was ich vor einigen Wochen testen konnte, war kein klassischer XC-Racer aus Carbon, nein, es war diesmal etwas völlig anderes – ungewohntes, wenn man sich den inhaltlichen Schwerpunkt meines Blogs genauer ansieht. Hier gehts ja üblicherweise bergauf und weniger bergab, allerdings habe ich für euch Anfang des Jahres den Spieß umgedreht und mich auf ein abfahrtslastiges Trail-Hardtail geschwungen: das Big Trail 600 von Merida mit 140 mm Federweg an der Front und absenkbarer Sattelstütze. Für die einen ein erschwinglicher Einstieg in die Trail-Action, für andere ein wartungsarmes Spaß-Trail-Bike für Herbst und Winter. Für mich aber auch aufgrund des soliden Aufbaus und vielfältigen Möglichkeiten Taschen anzubringen, eine denkbare Lösung für Bikepacking-Abenteuer. Denn das, was sich üblicherweise an einem vollgefederten Trail-Bike schwer unterbringen lässt, ist für das Merida Big Trail kein Problem: am Rahmen lassen sich an drei Befestigungspunkten Flaschen und andere Ausrüstung verstauen. Zu Wahrheit gehört allerdings auch, dass Merida den Fokus nicht auf Bikepacking setzt, letztlich greift man in der Marketingstrategie auf klassische Werte zurück: viel Trail-Spaß bei einfacher Handhabung und minimaler Belastung des Girokontos. Ein ziemlicher Nachteil von Fullsuspension-Bikes ist die Pflege und Wartung, die durch diverse Lager zwangsläufig zur mehr Werkstattstunden führen wird. Ein großer Nachteil von Hardtails ist jedoch zweifelsohne fehlende Komfortwerte, die sich ohne Dämpfer am Heck schnell bemerkbar machen, in dem Schläge direkt auf den Fahrer übergeben werden. Wie so viele Dinge im Leben ist das Merida Big Trail 600 daher ein Kompromiss, den man sich gut überlegen sollte.
Die Auswahl der Komponenten ist eine gute Mischung aus bekannten Markennamen und kostengünstigen Materialien, die sich zwar negativ auf der Waage bemerkbar machen, dafür zuverlässig ihre Arbeit auf dem Trail verrichten. Die Marzocchi Z1 bietet ein sensibles Ansprechverhalten und dank Zugstufeneinstellung reichlich Möglichkeiten, die Federungsarbeit an persönliche Vorlieben anzupassen.
Ausstattung
Dank der Druckstufen-Einstellung an der Federgabel lassen sich außerdem steile Anstiege effizient bewältigen. Wie bereits erwähnt, treibt es mich normalerweise eher bergauf als bergab, daher kann ich es mir nicht verkneifen, die guten Klettereigenschaften des Big Trail hervorzuheben. Natürlich fehlt es im direkten Vergleich an einer guten Portion Spritzigkeit, die ich sonst von XC-Bikes gewohnt bin, allerdings ist es für ein Bike dieser Klasse eher eine nice-to-have und kein must-have.
Größe | S | M | L | XL | XXL |
Sitzrohr | 380 mm | 410 mm | 430 mm | 450 mm | 470 mm |
Oberohr | 579 mm | 600 mm | 622 mm | 645 mm | 670 mm |
Sitzwinkel | 75.5° | 75.5° | 75.5° | 75.5° | 75.5° |
Steuerrohrwinkel | 65.5° | 65.5° | 65.5° | 65.5° | 65.5° |
Kettenstreben | 435 mm | 435 mm | 435 mm | 435 mm | 435 mm |
Steuerrohr | 95 mm | 100 mm | 110 mm | 120 mm | 120 mm |
Radstand | 1150 mm | 1172 mm | 1196 mm | 1220 mm | 1245 mm |
Tretlagerhöhe | 66.5 mm | 66.5 mm | 66.5 mm | 66.5 mm | 66.5 mm |
Reach | 415 mm | 435 mm | 455 mm | 475 mm | 500 mm |
Stack | 636 mm | 641 mm | 650 mm | 659 mm | 659 mm |
Vier Dinge, die ich am Merida Big Trail 600 Hardtail super finde
Am Berggipfel angekommen, der Blick wandert ins Tal, der Finger sitzt nervös auf dem Hebel zur Betätigung der absenkbaren Sattelstütze und die Druckstufe der Federgabel ist komplett offen: so richtig Gas geben lässt sich natürlich nur im Downhill, wo das Merida Big Trail definitiv hingehört und wo der Spaß nicht lange auf sich warten lässt. Bergab fühlt sich das Hardtail richtig gut an, man sitzt nicht allzu gestreckt im Sattel. Front und Heck wirken ausgeglichen, so lassen sich enge Kurven schlagen und dank der absenkbaren Sattelstütze das Gewicht hinter den Sattel verlagern. Die Dropper Post hat übrigens während der gesamten Testphase tadellos funktioniert und mich in spaßigen Situationen auf dem Trail nicht im Stich gelassen. Auch beim Thema Bremsen war ich zufrieden: Die Shimano M4100 mit 180-mm-Scheiben verzögern sowohl an der Front als auch am Heck zuverlässig das 29-Zoll-Gefährt. Der Druckpunkt wandert allerdings stark und die Grenzen sind in abfahrtslastigen Passagen schnell erreicht. Die breiten 2-Finger-Bremshebel sind nicht ganz mein Geschmack, liegen allerdings gut in der Hand und bieten in stressigen Situationen ein solides Ansprechverhalten. Ein Upgrade auf eine Bremsanlage mit mehr Biss ist in jedem Fall empfehlenswert.
Die Reifen, die ohnehin das wichtigste Performance-Instrument an einem Fahrrad sind, haben an einem Hardtail noch einen viel größeren Stellenwert als an einem vollgefederten Bike. Hier sollte man ein wenig mit dem Luftdruck experimentieren und die schweren Schläuche gegen ein Tubeless-Setup austauschen, was das Fahrgefühl spürbar aufwertet.
Fazit: Merida Big Trail 600
Das Merida Big Trail bietet ein gelungenes Gesamtpaket für Hardtail-Enthusiasten, die viel Trail-Spaß bei minimalem Wartungsaufwand suchen. In Sachen Gewicht darf man nicht zu viel erwarten, die recht schweren Komponenten bieten aber für lange Zeit eine grundsolide Basis, die dich lange über die Trails pfeifen lässt. Den Höhepunkt bildet die Marzocchi Z1 Federgabel, die einfach einzustellen und mit 140 mm Federweg prädestiniert für harsche Downhill-Passagen ist. Auch die Verarbeitung und Optik des Hardtails finde ich sehr gelungen.
Ich bin süchtig nach Bikes, Pedalumdrehungen und sportlichen Herausforderungen. Wenn ich nicht hier auf dieser Website blogge, verbringe ich so viel Zeit wie nur möglich im Sattel. Ich fühle mich in den Bergen wohl und erklimme auf dem Rennrad, Gravel- oder Mountainbike steile Anstiege.